EuG 24.1.2018, T‑69/17
„Fack Ju Göhte“ kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden
Das EUIPO hat die Eintragung des Wortzeichens „Fack Ju Göhte“ als Unionsmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen zu Recht abgelehnt. Das Wortzeichen verstößt gegen die guten Sitten und ist gem. Art. 7 Abs. 1 Buchst. f i.V.m. Art. 7 Abs. 2 der Verordnung Nr. 207/2009 von der Eintragung ausgeschlossen.
Der Sachverhalt:
Im April 2015 meldete die klagende Constantin Film Produktion GmbH beim beklagten Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) eine Unionsmarke für verschiedene Waren und Dienstleistungen des laufenden täglichen Verbrauchs an (u.a. für Lebensmittel, Spiele, Parfümeriewaren, Waschmittel, Bekleidungsstücke, Schmuckwaren, Datenträger, Schreibwaren). Es handelt sich dabei um das Wortzeichen „Fack Ju Göhte“; die gleichnamige deutsche Filmkomödie wurde von der Klägerin produziert. Sie zählte in Deutschland zu den größten Kinoerfolgen des Jahres 2013. Zwischenzeitlich wurden mehrere Fortsetzungen des Films produziert.
Das EUIPO wies die Anmeldung zurück. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Klägerin wies das EUIPO ebenfalls zurück. Die maßgeblichen Verkehrskreise nähmen die Aussprache des Wortbestandteils „Fack Ju“ so wahr, als sei er identisch mit dem englischen Ausdruck „fuck you“, so dass er dieselbe Bedeutung habe. Der Ausdruck „fuck you“ stelle, selbst wenn ihm keine sexuelle Bedeutung beigemessen werde, nicht nur eine geschmacklose, sondern auch eine anstößige und vulgäre Beleidigung dar. Der ergänzende Bestandteil „Göhte“, mit dem ein hochangesehener Schriftsteller wie Johann Wolfgang von Goethe posthum in herabwürdigender und vulgärer Weise verunglimpft werde, noch dazu in fehlerhafter Rechtschreibung, könne vom verletzenden und gegen die guten Sitten verstoßenden Charakter der Beschimpfung „Fack Ju/fuck you“ keinesfalls ablenken.
Das EuG wies die gegen die Beschwerdeentscheidung des EUIPO gerichtete Klage ab. Gegen die Entscheidung kann innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung ein auf Rechtsfragen beschränktes Rechtsmittel beim EuGH eingelegt werden.
Die Gründe:
Das EUIPO ist zu Recht davon ausgegangen, dass der englische Ausdruck „fuck you“ und damit gleichzeitig auch das angemeldete Zeichen insgesamt ihrer Natur nach vulgär sind und die Verbraucher daher daran Anstoß nehmen können. Es hat daher zu Recht entschieden, dass das angemeldete Zeichen nach Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 über die Unionsmarke von der Eintragung auszuschließen ist.
Im Hinblick auf die betroffenen Waren und Dienstleistungen würden Verbraucher beim Einkauf sowie bei der Inanspruchnahme normaler Dienstleistungen mit dem Wortzeichen konfrontiert. Es ist keinesfalls gesichert, dass die Verbraucher bei solchen Tätigkeiten in dem angemeldeten Zeichen den Titel eines erfolgreichen Films erkennen und das Zeichen als einen „Scherz“ auffassen würden. Im Übrigen ändert auch die Tatsache, dass der Film „Fack Ju Göhte“ von mehreren Millionen Menschen gesehen worden ist, nichts daran, dass Verbraucher von dem angemeldeten Zeichen schockiert sein können.
Soweit die Klägerin geltend macht, das EUIPO habe sich auf ein falsches Verständnis des Ausdrucks „fuck you“ gestützt und dem in Rede stehenden Zeichen daher zu Unrecht eine sexuelle Konnotation beigemessen, geht dieses Vorbringen ins Leere. Der Ausdruck „fuck you“ kann in der Tat ohne jegliche sexuelle Bedeutung verwendet werden. Das EUIPO ist jedoch vorliegend zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem Ausdruck „fuck you“, selbst wenn die maßgeblichen Verkehrskreise ihm keine solche Bedeutung beimäßen, gleichwohl um einen Ausdruck handelt, der nicht nur geschmacklos, sondern auch anstößig und vulgär ist.
Schließlich ist auch das von der Klägerin vorgebrachte Argument, dass sich das angemeldete Zeichen auch an Jugendliche und insbesondere an Schüler richte und es für diese besondere Gruppe Spaß und Identifikationsfläche bedeute, irrelevant. Dass ein Teil der maßgeblichen Verkehrskreise eine äußerst derbe Ausdrucksweise für akzeptabel halten mag, reicht nicht, um diese Wahrnehmung als die maßgebliche anzusehen. Bei der Beurteilung, ob das Eintragungshindernis gem. Art. 7 Abs. 1 Buchst. f der Verordnung Nr. 207/2009 vorliegt, kann weder auf die Wahrnehmung des Teils der maßgeblichen Verkehrskreise abgestellt werden, der leicht Anstoß nimmt, noch auf die Wahrnehmung des Teils dieser Kreise, der unempfindlich ist, sondern es müssen die Kriterien einer vernünftigen Person mit durchschnittlicher Empfindlichkeits- und Toleranzschwelle zugrunde gelegt werden.
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